Leserbrief an die Welt am Sonntag vom 14.9.03

Zu „Die PDS ist reif für die Fusion mit der SPD“ von Oscar Lafontaine

Nun fängt Lafontaine also wieder an, um doch noch seine historische Aufgabe wahrzunehmen, die Linke Deutschlands zu Einen (s. hierzu auch www.schmittk.de\LinkFlg.htm ). Er zählt, offenbar beinahe begeistert, die einzelnen Punkte des PDS Programms auf und kommentiert diese sehr positiv. Obgleich dies auch taktisch motiviert sein kann, da er ja mit seinem Artikel um eine Hochzeit mit der PDS wirbt, ist ihm doch seine Begeisterung zu glauben, da er sicherlich manches Linke in der PDS findet, welches der SPD abhanden gekommen sein mag. Er übersieht hierbei, dass in einer Zeit leerer Kassen die SPD in der Regierungsverantwortung keine sozialistische Wohltaten mehr verteilen kann. Dies gilt selbst auch für die PDS als Regierungspartner in Berlin.

Er ist nicht bereit, diesen Preis für die Macht zu zahlen. Seinen Preis sollen andere zahlen.

Darum schlägt er vor, dass sich in Ostdeutschland eine eigenständige Ost- SPD bilden soll, in der PDS und SPD dann aufgehen. Dieser geschichtsvergessene Vorschlag würde dazu führen, dass die Mitglieder der Ost- SPD nach der Zwangsvereinigung vor gut 50 Jahren sich wiederum in einem Boot mit der Nachfolgepartei der SED finden. Sie wären nicht Teil der großen, bundesweiten SPD, die eine linke Ecke für PDS-ler und Lafontaines einrichtet, sondern sie würden zum Juniorpartner zu einer aus der SED hervorgegangenen Partei – da die Mehrheitsverhältnisse in Ostdeutschland nun mal so sind. Lafontaine rechtfertigt hiermit quasi im nachhinein die damalige Zwangsvereinigung. SPD-ler die sich damals widersetzt hatten und dafür auch ins Gefängnis gegangen sind, sind also offenbar nur Querulanten und ein anständiger SPD-ler kann wohl kaum etwas dabei finden, sich von Marxisten majorisieren zu lassen.

Wohlgemerkt: Eine Entwicklung, bei der die PDS in der bundesweiten SPD aufgeht, würde meines Erachtens die Demokratie in Deutschland eher stärken. Aber den ostdeutschen Sozialdemokraten das Existenzrecht zu versagen, um der Macht willen, das  zeigt doch deutlich, wo ein Oscar Lafontaine hin will.

K. Schmitt, 15.9.03