zur Papst- Vorlesung in
Regensburg und der Kolumne von Pankraz „Duns Scotus und der Wille zum Glauben“
in der ‚Jungen Freiheit’ vom 29.9.06
Die folgende Kolumne Teil1 und Teil2
gab Anlaß, dass ich mir
die Papst- Vorlesung mal in Ruhe durchgelesen hatte. Darauf hatte ich dann den
untenstehenden Leserbrief geschrieben.
Es geht um die Frage, ob
der Papst eine Rückentwicklung in die Zeit vor der Aufklärung gefordert hat –
offenbar Pankraz’s Befürchtung - oder ob er eine Weiterentwicklung der
westlichen Kultur fordert, nachdem das nicht messbare und nicht mathematisch
Beschreibbare in den Bereich der ‚Pseudowissenschaftlichkeit’ verdrängt wurde
(obwohl auch die Erkenntnisse aus der Quantenphysik längst auf die
Unhaltbarkeit eines mechanistischen Weltbildes hinweisen).
Die Vorlesung des Papstes
ist veröffentlicht bei
http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/speeches/2006/september/documents/hf_ben-xvi_spe_20060912_university-regensburg_ge.html
- aber auch leicht mit Google zu finden
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Pankraz kritisiert in
seinem Beitrag zur Vorlesung des Papstes "dessen explizite Verteufelung
von Duns Scothus“ und William von Occam. Dies hält es für den „entscheidenden
Lapsus" der Vorlesung und der Papst hätte damit eine „merkwürdige
Weltferne bewiesen“.
Die Kirche hatte im
Hochmittelalter die griechische Logik in der Scholastik eingesetzt, um sie für
Gottesbeweise und Ähnliches zu nutzen. Thomas von Aquin wird hierfür heute noch
von der Kirche verehrt. Die beiden Vorgenannten jedoch weniger, da sie diese
Logik wertfrei gemacht hatten. Der Papst erläutert in seinem Vortrag die
nachfolgende geschichtliche Entwicklung. Die Aufklärung führte mit der
wertfreien Logik zu einer Wissenschaftlichkeit, die heute Beschreibungen der
Welt nur dann anerkennt, wenn diese auch mathematisch dargestellt werden
können. Gott rückt hierbei außerhalb dieser Art von Wissenschaftlichkeit. Der
frühere Professor Ratzinger hielt seinen Vortrag an der theologischen Fakultät
Regensburg und nutzte die Gelegenheit, seine Autorität als Papst Benedikt
einzusetzen und eine neue Wissenschaftlichkeit zu fordern, indem wir „die
selbstverfügte Beschränkung der Vernunft auf das im Experiment Falsifizierbare
überwinden und der Vernunft ihre Weite wieder eröffnen“. Er hatte zuvor
festgestellt, dass die Vernunft, von der griechischen Philosophie als Logos
bezeichnet, eben nicht wertfrei sei: „Nicht mit dem Logos handeln, ist dem
Wesen Gottes zuwider.“ Dies Zitat war auch, wie er am Ende seine Vortrags noch
einmal betont, der eigentliche Grund, warum er den Kaiser Manuel II zitiert
hatte.
Ebenso war es auch der
Grund für seinen entschiedenen Widerspruch gegen die zwei obengenannten
Scholastiker, die im Ergebnis wohl auch als Väter der Aufklärung bezeichnet
werden können. Scothus hatte behauptet, dass wir nichts über die göttliche
Vernunft wissen können und die 10 Gebote somit auch vollständig
unterschiedliche Inhalte haben könnten, die wir, als Teil seiner Schöpfung,
dann ebenso zu befolgen hätten. Aus dieser Logik folgt, dass Vernunft und Moral
zwei entkoppelte Begriffe sind. Der Papst hat eine andere Weltsicht; offenbar
deshalb, da er davon ausgeht, dass unsere Seelen (im Mittelalter auch als
‚göttliche Funken’ bezeichnet), der Art Gottes entsprechen und wir deshalb sehr
wohl ein Wissen über das Wesen Gottes haben, bzw. mit unseren Seelen in der
Lage sind, Gut und Böse unterscheiden zu können.
Zunächst stellte er fest:
„Die eben in ganz groben Zügen versuchte Selbstkritik der modernen Vernunft
schließt ganz und gar nicht die Auffassung ein, man müsse nun wieder hinter die
Aufklärung zurückgehen und die Einsichten der Moderne verabschieden.“
Aber „Eine Vernunft, die
dem Göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen
abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen“ und „In diesen großen Logos, in
diese Weite der Vernunft, laden wir beim Dialog der Kulturen unsere
Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden, ist die große Aufgabe
der Universität (in der auch die Theologie wieder eine Rolle findet, die über
die heutige „historische und humanwissenschaftliche
Disziplin“ weit hinausgeht).
Am Schluß seines Vortrages
betonte er noch, dass eine derartige Erweiterung der wissenschaftlichen Logik
dringend notwendig ist, da andere tief religiöse Kulturen gerade mit dem
westlichen Begriff der Wissenschaftlichkeit, in der das Göttliche
ausgeschlossen wurde, nichts anfangen können und der dringend notwendige Dialog
der Kulturen hier auch von uns ein Umdenken erfordert (gerades diese
Ausführungen des Papstes am Schluß seines Vortrages zeigen die Borniertheit,
möglicherweise auch Infamie, mit der sein impliziertes Angebot auf ein
Entgegenkommen von islamischen Wortführern zurück gewiesen und er auch noch
persönlich bedroht wurde).
Pankraz schließt mit der
Forderung, dass der Wille zum Glauben wieder erweckt werden müsse. Er hatte
hierbei übersehen, dass der Papst in dem von ihm kritisierten Vortrag das
hierfür notwendige ‚wie’ und ‚warum’ bereits erläutert hatte.
K. Schmitt, 2.10.06